Bad Sooden-Allendorf – Solarstrom für kritische Infrastruktur heiter bis wolkig
Ein Teil unserer wichtigen Infrastruktur sind Krankenhäuser und Kliniken. Wie viele andere wichtigen Bereiche ist auch diese kritische Infrastruktur oftmals hohem Kostendruck ausgesetzt. So liegt es nahe bei den Energiekosten näher hinzuschauen und alternative Energieträger, wie zum Beispiel Photovoltaik (PV) zu betrachten. Dann können zum Beispiel teure Blockheizkraftwerke durch moderne Photovoltaikanlagen ersetzt werden, um Kosten in Zeiten teurer Energie einzusparen. An dieser Fragestellung forschte die DIPLOMA Hochschule – Private Fachhochschule Nordhessen in Kooperation mit der abi Technische Gebäudeausrüstung GmbH & Co.KG und der Klinik König-Ludwig-Haus in Würzburg.
Dafür diente die Liegenschaft des König-Ludwig-Hauses in Würzburg, genauer gesagt dessen Dachflächen als Referenz bzw. als Beispielkrankenhaus.
Klinik König-Ludwig-Haus in Würzburg diente mit seinen Dachflächen als Untersuchungsreferenz, Foto: DIPLOMA
Hier zeigten sich die Gebäudestrukturen und insbesondere die geneigten, großen Dachflächen als sehr Vorteilhaft für die Photovoltaik. Mit zu berücksichtigen sind die geografische Lage und das Tagesprofil der Sonneneinstrahlungen, was sich entscheidend über den Verlauf des Jahres ändert und zum Beispiel im Sommer sehr viel Energie und Winter sehr wenig Energieeintrag erwarten lässt. Daraus ergibt sich eine entscheidende Frage für den Erfolg von Photovoltaik für Krankenhäuser oder allgemeiner für kritische Infrastruktur: Kann eine solche Liegenschaft die Grundversorgung durch Photovoltaik sicherstellen und teure grundlastfähige (lokale) Kraftwerke abschalten? Immerhin gehören Kliniken und Krankenhäuser zur kritischen Infrastruktur, die im Notfall (z.B. bei längerem Stromausfall) die Stromversorgung autark über längere Zeit garantieren können muss.
Daraus leiteten die Kooperationspartner die Forschungsfrage ab, in wie weit sich diese kritische Infrastruktur eines Klinikums autark ausschließlich durch erneuerbare Energie mittels Photovoltaik sicherstellen lässt. Oder allgemeiner: Welcher Autarkiegrad und welche Ausfallwahrscheinlichkeiten sind in einem solchen Szenario zu erwarten?
Zur Einschätzung der Ergebnisse muss zunächst das Referenzklinikum näher betrachtet werden: Das König Ludwig-Haus ist bereits über 100 Jahre alt und besitzt für diesen baujahrestypischen Baustil aus dieser Zeit Gebäude mit Dachflächen zu ca. 70% aus Satteldächern und ca. 30% der Neubauten sind Flachdächer. Diese Konstellation der Dachflächen vor allem Satteldächer waren hervorragende Voraussetzungen im Hinblick auf die Flächenausnutzung der Dächer mit PV-Modulen. Damit stellt diese Konfiguration eine Art „Best Case“ für die Untersuchung da, wobei dann für die Verallgemeinerung mit eher geringeren Ergebnissen zu rechnen ist.
In einer Pilotstudie zeigten die hervorragenden Ergebnisse der wissenschaftlichen Abschlussarbeit von Marco Kroh (B.Eng.) an der DIPLOMA Hochschule zunächst, dass 1.287 geeignete PV – Module einen Eigenverbrauchsanteil von 95% idealerweise abdecken könnten, was zunächst einmal sehr vielversprechend aussieht. Bei näherer Betrachtung ist die Erzeugung der regenerativen Energie mittels Photovoltaik stark von der Tageszeit und insbesondere auch von der Jahreszeit abhängig. In den helleren Jahreszeiten lassen sich so real nur ca. 50% und in den dunkleren Jahreszeiten nur 10% an Energie durch Photovoltaik abdecken. Sicherlich sind in den Sommermonaten auch Überschüsse an Strom zu erwarten, die dann in das Energienetz verkauft werden können. Leider lassen sich die Energiemengen über längere Zeiträume (lokal) nicht speichern, sodass im Winter kräftig nachgekauft werden muss und eben ein Risiko entsteht, wenn parallel grundlastfähige (lokale) Kraftwerke abgebaut werden.
So ergibt die Pilotstudie, dass zwar ein größerer Teil des Strombedarfs durch regenerative Energiegewinnung mittels Photovoltaik gedeckt werden kann, dennoch kann die erforderliche Versorgungssicherheit nicht zu 100% gewährleistet werden. Demnach gäbe es eine Wahrscheinlichkeit größer Null, dass ein Stromausfall zu einer Art SUPER-GAU für ein Krankenhaus führen könnte bzw. eine Ausfallzeit der Versorgung für die Bevölkerung in der zu versorgenden Region bedeutet.
Der Autarkiegrad für diesen „Best Case“ wurde lediglich zu 19% ermittelt, was aufhorchen lässt und eine weitere fachliche Fundierung von Photovoltaik für kritische Infrastruktur notwendig werden lässt. Die DIPLOMA Hochschule arbeitet weiter an solchen Konzepten sowie der Integration von Batteriespeicher im elektrischen Versorgungsnetz.
05. August 2024
05.08.24